Was sind die Commons-Sommerschulen und wie arbeiten wir dort?

Die Commons-Sommerschule ist ein Ort, an dem Praktiker*innen, Theoretiker*innen, Neulinge, erfahrene Commoner, Fühldenkende und Problehandelnde in das Thema Commons eintauchen können. Im Jahr 2012 wurde er ins Leben gerufen und bis 2021 insbesondere von der Commons-Forscherin und Aktivistin Silke Helfrich gehütet. 

In Commons-Sommerschulen erleben wir, wie sich Commoning anfühlen kann. Wir erforschen, welche Strukturen wir im ökonomischen, sozialen und sellbstverwaltenden Miteinander brauchen. Und wir suchen nach Lösungen, um diese Erfahrungen in unsere persönlichen Alltage einfließen zu lassen. Wir begreifen auf verschiedenen Erkenntniswegen – kognitiv, körperlich und emotional -, welche Muster ein Gemeinschaffen prägen, das auf einer Weltsicht von Verbundenheit, Prozessorientierung und der Wertschätzung für Vielfalt basiert. Die folgenden drei Herangehensweisen verweben wir zu einem vielschichtig reflektierten Bild:

Begrifflich

Wir unterscheiden mindestens drei Dimensionen des Commoning: die soziale, im Umgang miteinander; die politisch-institutionelle, um komplexe Formen von Selbstorganisation zu gestalten; und die ökonomische, um sich der Verwertungslogik zu entziehen. Wir wollen diese Dimensionen ergründen und auf aktuelle gesellschaftliche Begebenheiten beziehen. Und wir wollen erkennen, wo wir unbewusst auf Denkmuster zurückgreifen, die dem freien Denken im Weg stehen.

Körperlich erfahrbar

Wir experimentieren mit somatisch-künstlerischen Räumen, laden das Spiel und die Intuition ein, forschen mit Nichtwissen und spüren in das hinein, was unsere Welt erfahrbar macht. Wir erkunden den Zugang zur Intelligenz, die jeder Körper innehat. Wir suchen nach Werkzeugen für das Commoning, auch jenseits der Konzepte.

Aus der Praxis heraus

Die Commons-Sommerschule ist selbst ein Ort des Commoning. Darin üben wir uns miteinander, sowohl im Alltag während der Sommerschule als auch in der inhaltlichen und verkörperten Arbeit. Die Teilnehmer:innen bringen ihre Erfahrungen und ihr Erleben mit und ein. Sie tauschen sich aus, reflektieren ihre Herangehensweisen, stellen sie in einen größeren Zusammenhang und werden so zu einem inhaltlich bestimmenden Faktor des Ganzen.

Im Moment macht die Commons-Sommerschule Winterpause. Möchtest du informiert werden, wenn es eine Einladung für die Sommerschulen 2024 gibt? Dann schreibe uns hier über das Kontaktformular.  

Die Sommerschulen 2023

Commoning als Lebensweise

In einer komplexen Welt den bestehenden Strukturen entwachsen

Wie können wir den dringend nötigen Wandel in die Welt tragen und dabei der Komplexität der Gegenwart gerecht werden? Auf welche Widerstände stoßen wir im Innen und Außen und wie können wir mit ihnen umgehen? Wie können wir die Wunden der Gegenwart heilen und verhindern, dass wir uns wiederholt neue zufügen? Wie können wir Orte schaffen, an denen wir uns regenerieren und rückversichern? Wie können wir wirken, mit Geld umgehen, unsere Beziehungen zu unserer Mitwelt gestalten? Und wie können wir mehr und mehr Strukturen und Qualitäten des Commoning in unser (aller) Leben bringen? Wie werden wir Gemeinschaffende (Commoner)? 

Wir sind konfrontiert mit inneren und äußeren Strukturen, die auf einer tendenziell individualisti­schen, unverbundenen, statischen und die vorhandene Vielfalt einebnenden Weltsicht fußen. Diese prägt nahezu unser gesamtes Leben und so liegen der „Geschichte der Trennung“, wie Charles Eisenstein es nennt, zahllose Probleme unserer Zeit zugrunde: sei es die Leistungsoptimierung von Milchkühen, die Geringschätzung von Care-Arbeit, die Diskriminierung bestimmter Formen der Liebe, das Abweisen von Menschen in Not an Landesgrenzen, die Trennungen in reich und arm, in schön und hässlich, in gut und schlecht, und so weiter.

Um den daraus resultierenden Strukturen und Selbstverständlichkeiten zu entwachsen, braucht es unterschiedliche Strategien. So gilt es, das aufzuhalten, was das friedliche Zusammenleben von Menschen und Mitwelt verhindert, die entstandenen Wunden zu heilen und Systeme aufzubauen, die ein Leben in Bezogenheit unterstützen und fördern. Es braucht einen ganz grundlegenden Wandel unserer Art des gesellschaftlichen Zusammenlebens und unseres Seinsverständnisses, also der Weise, wie wir die Beziehungen zu der Welt wahrnehmen, denken und erleben. Es braucht einen OntoWandel, wie Silke Helfrich es ausgedrückt hat. Dabei geht es darum, zu erkennen und zu er­leben, dass wir ganz grundlegend immer mit allem verbunden sind, dass Vielfalt wirkliche Leben­digkeit erst möglich macht, und dass die Welt aus dynamischen Systemen und Prozessen besteht.

Die bessere Welt, die unsere Herzen bereits kennen, hat schon begonnen. In jedem Keim, jeder soli­darischen Landwirtschaft, jeder gemeinstimmigen Entscheidung, in jeder bedürfnisorientierten Sorgetätigkeit, jeder sozialen Bewegung, die für Vielfalt und gegen die Zerstörung unserer Mitwelt einsteht, jeder freien Software, zu der ohne Zwänge beigetragen wird, in jeder tiefen Erfahrung von Naturverbundensein steckt das Potential für eine freie, faire und lebendige Welt. Als Gemein­schaffende:r zu leben passiert nicht alleine aus einer kognitiven Überzeugtheit heraus. Es braucht einen andauernden Prozess des Verlernens der inneren Muster der Getrenntheit und ein wiederholtes tiefes Verinnerlichen, wie sich Leben in Bezogenheit anfühlt. Und es braucht gesellschaftliche Strukturen, die dies ermöglichen und fördern.

Beim Hineinleben in eine Welt, die grundlegend auf dem Bewusstsein der gegenseitigen Bezogen­heit beruht, können wir auf situiertes Wissen auf über Jahrhunderte gesammelte Weisheit und Erfahrungswissen zurückgreifen. Da diese Erfahrungen jedoch aus bestimmten historischen und kulturellen Kontexten und mehr oder weniger überschaubaren Gruppen stammen, lassen sie sich nicht eins zu eins auf komplexe Gesellschaften übertragen. Mit dem Erforschen von Commoning als Lebensweise gehen wir auch den Fragen nach, wie wir uns von diesem Wissen beim Leben in globalisierten Zusammenhängen inspirieren lassen und wie wir als Gesamtgesellschaft verbundener, lebendiger und vielfältiger werden können.

Das Wissen, Erleben und Fühlen von Commoning lässt uns Lösungen anleben, die die verschie­denen Ebenen von Veränderung, die es braucht, beinhalten. Auf den Commons-Sommerschulen wollen wir uns insbesondere mit der Frage beschäftigen, wie es gelingt, Gemeinschaffende:r (Commoner) zu werden. Es geht darum, das eigene Leben im Sinne des Commoning zu gestalten – im Hier und Jetzt – und dabei sowohl die strukturellen Widerstände, denen wir begegnen, zu er­gründen als auch zu erkunden, welche neuen oder veränderten Strukturen uns stattdessen helfen würden. Wie kann ein solcher Wandel in uns, in unseren Alltagen und in gesellschaftlichen Struk­turen gelingen, mit all unseren Versehrt- und Unperfektheiten? Die Mustersprache des Commoning dient uns dabei als Anker und Inspirationsquelle. Sie hilft uns, aus den gelingenden Praktiken des Miteinanders zu schöpfen und diese auf unterschiedliche Situationen zu übertragen.

Wer kann sich bewerben?

Wir laden alle ein, die die Welt vielfältig und lebensfreundlich gestalten wollen: Aktive aus Projek­ten und Netzwerken – und solche, die es werden wollen; Praktiker:innen und Theoretiker:innen genauso wie Men­schen, die mit dem Thema Commons bisher eher wenig zu tun hatten. Bewerben können sich Men­schen jeden Alters, jeden Geschlechts, jeder Herkunft… Bei der Entscheidung für max. 20 Teilnehmer:innen pro Sommerschule achten wir auf Vielfältigkeit. Thematische Vorkenntnisse sind nicht erforderlich. Wichtig ist nur die Bereitschaft zum Mitgestalten und die Neugier, einen eigenen Ausdruck dafür zu finden, worum es gehen könnte.

Diese Einladung richtet sich an Menschen, die bisher noch nicht an einer Commons-Sommerschule teilgenommen haben. Neu ist dieses Jahr, dass es zwei Plätze gibt, auf die sich auch ehemalige Teilnehmer:innen bewerben können. Wir wünschen uns schon im Commons-Myzel verwurzelte Teilnehmende, die vom Bestehenden berichten können und den neuen Sommerschüler:innen auch nach der Sommerschule als Ansprechpartner:innen zur Seite stehen und beim Einweben in beste­hende Strukturen behilflich sind. Falls du dich auf einen dieser Plätze bewerben möchtest, mach dies bitte in deinem Schreiben kenntlich und erzähle uns, in welchen Commoning-Strukturen du dich auskennst und zu Hause fühlst.

Welche Teilnahmevoraussetzungen gibt es?

Die Beteiligung am Gesamtprogramm ist voraussetzend.

Das heißt für die Sommerschule in Bechstedt: organisiere deine Anreise bis spätestens am Mittwoch, dem 07.06.2023 um 15 Uhr und deine Abreise frühestens für Mittwoch, den 14.06.2023 um 15 Uhr. 

Für die Sommerschule in Gerswalde bedeutet das: organisiere deine Anreise bis spätestens am Mittwoch, dem 27.09.2023 um 15 Uhr und deine Abreise frühestens für Mittwoch, den 04.10.2023 um 15 Uhr.

Warum uns das wichtig ist, kannst Du hier nachlesen.

Die Commons-Sommerschule findet in deutscher (Laut-)Sprache statt. Bitte kontaktiere uns frühzeitig, falls dies deine Teilnahme unmöglich machen würde. Dann können wir gemeinsam über Unterstützungsmöglichkeiten beraten.

Finanzierung

Wir werden zum Abschluss der jeweiligen Sommerschule die gemeinsam erlebte Woche durch eine anonyme Beitragsrunde solidarisch finanzieren. Wir verzichten auf eine Anzahlung, obwohl diese oft genutzt wird, um eine Verbindlichkeit der Teilnehmenden zu sichern. Wir wollen diese Verbindlichkeit aber nicht über Geld herstellen. Mehr zur Finanzierung findest du hier.

Geh bitte verbindlich mit deiner Zusage um. Eine Absage hat Auswirkungen auf den Prozess, die Gruppe und die Vorbereitung. 

Da die Commons-Sommerschulen strukturell unterfinanziert sind, freuen wir uns, wenn auch Menschen, die aktuell an keiner Sommerschule teilnehmen, aber Zugang zu Geld haben, beitragen. Hier findest du mehr dazu.

Termine 2023

Sommerschule I

7.-14.6. Bechstedt (Thüringen)

KulturNaturHof, Ortsstraße 19, 07426 Bechstedt

Sommerschulteam: Sarah Ackerbauer, Sigrun Preissing & Johannes Euler

Der Anmeldeprozess ist seit 26. März abgeschlossen

Sommerschule II

27.9. – 4.10. Gerswalde (Brandenburg)

Der Große Garten, Dorfmitte 7, 17268 Gerswalde

Sommerschulteam: Sarah Ackerbauer, Sigrun Preissing & Johannes Euler

Der Anmeldeprozess ist seit 26. März abgeschlossen

Wie bewirbst du dich?

Für die Bewerbung zur Teilnahme an einer der diesjährigen Commons-Sommerschulen sind zwei Schritte bis zum 26. März 2023 erforderlich:

  1. Bitte schicke eine Email mit einer formlosen Vorstellung deiner Person & Motivation an sommerschule ät commons-institut.org.
  2. Fülle das hier verlinkte Formular (z.B. mit Angaben zu Schlaf- und Essenswünschen) vollständig aus und schicke es ab.

Die Entscheidung bezüglich der Teilnahme bekommst du in der ersten Aprilhälfte 2023. Bitte hab Verständnis dafür, dass wir dies erst nach dem Ende der Bewerbungsphase verschicken. Die Zusammensetzung der Gruppe ist uns wichtig und alle sollen eine Chance haben, die sich innerhalb der Ausschreibungszeit bewerben.                                       

Wir freuen uns auf eure Bewerbungen!
Sigrun Preissing, Johannes Euler & Sarah Ackerbauer
Getragen und unterstützt vom Sommerschulen-Hütekreis

Programmentwurf für die Commons-Sommerschulen 2023

MittwochAnreise bis 15 Uhr
Ankommen, Auftakt, Kennenlernen
DonnerstagEintauchen in Weltbilder
Einführung Commonstheorie: von Gemeingütern zum Commoning
FreitagHerausforderungen des Commonings vergegenwärtigen
Die Mustersprache des Commoning: Von Praktiken des Gelingens lernen
SamstagTransformationsmöglichkeiten im Innen, im Alltag, der Gesellschaftsstrukturen erkunden
Das Commons-Mycel kennenlernen
SonntagWandertag in der Umgebung
Zwischenreflexion
MontagOpen Space
DienstagOpen Space
Finanzierungsrunde, Dokumentation & Auswertung
MittwochAuswertung & Abschied
Abreise ab 15 Uhr

Die finale Programmfassung bekommt ihr kurz vor der Commons-Sommerschule.

Durch die Sommerschule begleiten

Sarah Ackerbauer

Ich bin ehem. Sommerschülerin und habe 2016, 2017 und 2021 die Commons-Sommerschule mit Silke Helfrich gemeinsam getragen und 2022 gemeinsam mit Sigi & Johannes. Ich lebe derzeit mit zwei kleinen Kindern und ihrem Papa in der Region im Wandel im Fuchsmühlen-Netzwerk und erlebe in unserem Netzwerk jeden Tag neu, wie der Beginn einer Commoning-Gesellschaft aussehen kann. Ich habe meine Hände gerne in der Erde, meinen Körper im Bach und meine Träume unter dem Sternenhimmel. Ich liebe die sensible Arbeit mit Menschen im Kreis, das In-Kontakt bringen mit der Lebendigkeit, die durch alles fließt und das Erforschen von körperlichen und emotionalen Begreifen. Dabei bin dabei inspiriert von meinen Erfahrungen aus der Wildnis-, der Theaterpädagogik und gewaltfreier Kommunikation. 

Johannes Euler

Im Commoning habe ich ein Herzens- und Lebensthema gefunden, das mich seit vielen Jahren praktisch, aktivistisch und akademisch beschäftigt. Als Teilnehmer der Sommerschulen 2012 und 2021, Mit-Organisator der Sommerschulen 2022, in wissenschaftlichen Publikationen, in Seminaren und Workshops, beim Bauen und Beleben eines Hausprojekts, in sozialen und ökologischen Bewegungen und bei so vielen anderen Gelegenheiten wird mir immer wieder bewusst, wie vielfältig und weitreichend Commoning unsere Leben hin zu einer inklusiveren und verbundeneren Lebensweise transformieren kann. Die Mustersprache des Commoning, die ich mit anderen zu erweitern und zu verfeinern beginne, sehe ich dabei als entscheidendes Werkzeug für diesen Wandel.

Sigrun Preissing

Commoning spielt in meinem Alltag eine große Rolle. Seit 20 Jahren bewege ich mich in selbstorganisierten Gruppen, die gemeinschaftliche Infrastrukturen aufbauen, beleben und nutzen. Auf der theoretischen Ebene befasse ich mich vor allem mit der ökonomischen Dimension von Commons und Diversität. Viele Jahre habe ich festangestellt als Bildungsschaffende gearbeitet. Letztes Jahr habe ich das losgelassen und jetzt mehr Platz in meinem Leben, um Strukturen, die Lebendigkeit herstellen zu erforschen, zu gestalten oder Menschen dabei zu begleiten, die dies ebenfalls tun. Seither habe ich viel Neues gelernt. Vor allem gemeinsam mit Sarah & Johannes die Sommerschulen zu hüten und mit vielen anderen gemeinsam das Commoning-Myzel zu nähren, erfüllt mich. Ich freue mich auf das Fühldenken und Probehandeln mit euch in den Sommerschulen 23.